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Alte Hühnerrassen – 6 seltene Rassen im Portrait

Wer etwas ganz Besonderes für seinen Garten oder Hof sucht, wählt eine alte deutsche Hühnerrasse. Viele von ihnen sind mittlerweile so selten, dass sie auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Nutztierrassen stehen. Wer sich für solche Hühner entscheidet, unterstützt somit auch den Erhalt dieser schönen Tiere.


Warum alte Hühnerrassen halten?

Es sprechen verschiedene Gründe für den Erwerb alter Hühnerrassen. Die einen wünschen sich möglichst ausgefallene Tiere, die nicht jeder hat. Die anderen wollen etwas Gutes tun und vom Aussterben bedrohte Rassen erhalten. Wiederum andere schaffen bewusst eine Gegenkultur zur heute vielfach üblichen industriellen Hühnerhaltung mit ihren Hochleistungshybriden.


6 alte Hühnerrassen vorgestellt

Folgende alte Hühnerrassen stehen auf der Roten Liste. Sie gehören zur Kategorie I oder II und sind somit in ihrem Bestand extrem oder stark gefährdet.

Rasse 1: Deutscher Sperber

Der Deutsche Sperber ist das einzige Huhn in dieser Vorstellungsliste, das nicht extrem, sondern mittlerweile nur noch stark gefährdet ist. Otto Trieloff züchtete die Rasse um 1900 aus Grauen Schotten, gesperberten Italienern, Plymouth Rocks, Minorkas und Bergischen Schlotterkämmen. 2012 wurde der Deutsche Sperber zur gefährdeten Nutztierrasse des Jahres gekürt. Wie der Name bereits sagt, handelt es sich um gesperberte Hühner, die es nur in dieser einzigen Farbvariante gibt.

Alte Hühnerrasse: Deutsche Sperber

Diese mittelschwere, alte Hühnerrasse ist frohwüchsig und frühreif. Die Hennen legen rund 180 weißschalige Eier im Jahr. Deutsche Sperber sind lebhaft und dabei schnell zutraulich. Sie suchen sich bei ausreichendem Platzangebot ihr Futter selbst.


Rasse 2: Bergischer Schlotterkamm

Aus dem Bergischen Land in Nordrhein-Westfalen stammt diese interessante Hühnerrasse. Wie der Name bereits sagt, „schlottert“ der lange, rote Kamm. Er liegt somit nicht nur einfach auf einer Seite, sondern befindet sich abwechselnd mal links und mal rechts. Das Schlottern ist nur bei den Hennen zu beobachten, bei den Hähnen steht der stark gezackte Kamm aufrecht.

Der Bergische Schlotterkamm ist eine alte Hühnerrasse

Das wetterfeste, mittelgroße Huhn zählt zu den ältesten deutschen Hühnerrassen. Die Zucht ist mehrere Hundert Jahre alt. Die Schlotterkämme existieren in vier Farbschlägen. Sie sind entweder gesperbert, schwarz-gelb gedobbelt*, schwarz-weiß gedobbelt oder schwarz.

*gedobbelt = Farbzeichnung zwischen gesäumt und getupft, grob umschrieben „gefleckt“

Schon gewusst? Gemeinsam mit anderen bergischen Landhuhnrassen wie dem Krüper und dem Bergischen Kräher trug der Bergische Schlotterkamm den Titel „Gefährdete Nutztierrasse des Jahres 2001“.

Rasse 3: Ramelsloher

Der Ursprung der Ramelsloher liegt im Dorf Ramelsloh bei Hamburg. Charakteristisch für die im Jahr 1870 erzüchtete Rasse sind die blauen Schnäbel sowie die blauen Beine mit den weißen Zehnägeln. Ein schwarzer Lidring unterstreicht die Ausstrahlung der dunklen Augen.

Die kräftigen Hühner erreichen ein Gewicht von bis zu drei Kilogramm. Sie zeigen vor allem in ihrer Jugend eine gewisse Flugfreude, wie das für die meisten alten Hühnerrassen typisch ist. Ramelsloher sind sehr agil und suchen sich ihr Futter gerne selbst. Die Hennen legen im ersten Jahr rund 170 helle Eier. Beliebt machte sie vor allem ihre Eigenschaft als Winterleger.

Schon gewusst? Das Ortswappen von Ramelsloh ziert ein weißer Hahn mit blauen Beinen unter einem Bischofshut.

Rasse 4: Sachsenhuhn

Zuchtziel des Sachsenhuhns war einst eine wetterfeste Rasse für verschiedene klimatische Bedingungen. Sachsenhühner sind sparsam im Futterverbrauch und zeigen hierfür eine akzeptable Legeleistung von rund 180 Eiern im Jahr. Die Tiere sind frühreif und besitzen ein ruhiges Gemüt.

Bei der Züchtung standen wirtschaftliche Aspekte im Vordergrund, das Aussehen ist deshalb eher unscheinbar. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts erschuf man die Rasse aus schwarzen Langschans und Minorkas. Der schwarze Farbschlag war somit vorherrschend. Erst nach dem Jahr 1923 kamen die Farben Gesperbert, Gelb und Weiß hinzu.


Rasse 5: Deutsches Langschan

Die genetische Basis des Deutschen Langschan bildeten der spanische Minorka, das chinesische Croad Langschan-Huhn und der Plymouth Rock. Die Rasse existiert seit 1879.

Deutsche Langschans besitzen außergewöhnlich lange Beine. Die Hähne erreichen ein Gewicht von beachtlichen 4,5 Kilogramm. Das Huhn überzeugt mit einer Legeleistung von bis zu 180 Eiern im ersten Jahr. Darüber hinaus verfügt es über einen guten Fleischansatz, weshalb man das Deutsche Langschan zu den Zwiehuhnrassen zählt. Die Tiere besitzen zumeist einen einwandfreien Charakter. Sie sind friedlich und ruhig.


Rasse 6: Augsburger

Der Augsburger ist ein mittelschweres Zweinutzungshuhn mit einem Höchstgewicht von etwa drei Kilogramm. Es handelt sich um die einzige aus Bayern stammende Hühnerrasse. Der Züchter Julius Meyer lebte in Haunstetten bei Augsburg. Im Jahr 1880 stellte er seine neue Rasse der Öffentlichkeit vor. Als Zuchtgrundlage dienten ihm italienische Lamotte-Hühner und französische La Fleche.

Augsburger Huhn

Augsburger Hennen legen zwischen 150 und 180 Eier im ersten Jahr. Die Tiere sind robust, frohwüchsig und wetterfest. Der ursprüngliche Augsburger besitzt ein schwarzes Gefieder mit grünem Schimmer. Neuere Züchtungen sind blau-gesäumt. Auffallend sind der rote Kronen- oder Becherkamm sowie die weißen Ohrscheiben.


Die Vorteile alter Hühnerrassen

Darüber hinaus sprechen auch praktische Vorteile für die Haltung alter Hühnerrassen. Schließlich waren diese einmal sehr beliebt und haben die Jahrhunderte überdauert. Ihre Existenz verdanken sie sorgfältigen Zuchtbemühungen. Über die Generationen hinweg betrieben die Tierhalter eine strenge Auslese.

Die Ansprüche waren früher ganz anders als heute in den großen Mast- und Legebetrieben. Neben einer guten Lege- und Fleischleistung mussten die Tiere dazu in der Lage sein, draußen zu überleben. Getreide war teuer und mit Mineralstoffen und Vitaminen angereichertes Kraftfutter im heutigen Sinne gab es noch nicht.

Das ideale Hofhuhn war und ist deshalb:

  • robust und wetterfest
  • gesund und widerstandsfähig
  • frohwüchsig
  • fruchtbar
  • an den jeweiligen Lebensraum angepasst
  • genügsam
  • ein guter Futtersucher

Warum sind die alten Hühnerrassen so selten?

Um zu verstehen, weshalb die alten Hühnerrassen teilweise vom Aussterben bedroht sind, müssen wir uns die heutige Situation vor Augen führen. Nach dem zweiten Weltkrieg erlebte die Landwirtschaft und mit ihr die Tiererzeugung einen starken Wandel. Der wirtschaftliche Aufschwung sorgte auch für eine zunehmende Industrialisierung der Tierhaltung.

Parallel dazu gaben immer mehr kleinere Bauern ihren Betrieb auf. Hühner und andere Kleintiere zum Zweck der Selbstversorgung zu halten, geriet immer mehr aus der Mode. Binnen kurzer Zeit sank die Nachfrage nach den alten, robusten und bodenständigen Rassen.

Gleichzeitig züchtete man immer leistungsfähigere Hühner für die Massentierhaltung. Früher gab es zahlreiche regionale Schläge, und alle hatten ihre speziellen Eigenheiten. Heute sind viele alte Rassen oft nur noch in Restbeständen vorhanden.

Die Rassenvielfalt litt immer mehr zugunsten der Zucht einiger weniger Hochleistungshybriden. Was heute in den Legebetrieben zu finden ist, sind braune oder weiße Standardhühner. Und das Fleisch stammt vom hochgezüchteten Masthuhn, dessen Brustfleisch so reichhaltig wächst, dass die Tiere nach einiger Zeit nicht mehr normal laufen können.

Deshalb ist es wichtig, sich bewusst für alte Hühnerrassen zu entscheiden.


Gefährdung und Beitrag zum Rasseerhalt

Wie bereits erwähnt, sind die oben genannten Hühnerrassen stark in ihrem Bestand gefährdet. Je größer das Interesse und die Nachfrage, desto schneller fassen die Tiere wieder Fuß. Deshalb ist es wichtig, dass sich wieder möglichst viele Hühnerhalter für die alten Rassen begeistern.


Seltene Hühnerrassen halten und nicht züchten?

Nun fragen sich viele Einsteiger, ob es überhaupt etwas bringt, alte Hühnerrassen zu halten, wenn man nicht dazu in der Lage ist, sie zu züchten. Die Antwort lautet: Ja, unbedingt!

Es klingt paradox, doch auch wer seltene Hühnerrassen schlachtet und verzehrt oder sie nur der Eier wegen hält, trägt indirekt zu deren Arterhaltung bei. Denn nur was gebraucht und gegessen wird, hat auf die Dauer Bestand. Hühner sind Nutztiere und ihre Zukunft hängt von den Verwertungsmöglichkeiten ab.

Es gibt Tiere, die sich sehr stark vermehren, um die natürlichen Verluste auszugleichen. Das Huhn gehört ebenfalls dazu. Um eine gesunde Auslese betreiben zu können, benötigt der Züchter eine solide Basis. Diese erhält er nur mit einer ausreichend hohen Anzahl an Tieren.

Es ist völlig normal, einen Großteil der Hühner auszusortieren. Der Züchter kann nicht alles behalten. Schon allein aus Platzgründen und um Inzest zu vermeiden. In der Regel sind es die Hähne, die gehen. Aber auch Hennen mit kleinen optischen Mängeln verlassen die Zucht.

Es ist wichtig, die Züchterleistung zu honorieren und damit den Erhalt der bodenständigen Rassen zu fördern. Deshalb sollte man auch ohne Zuchtinteresse darüber nachdenken, auf das Angebot der alten Hühnerrassen zurückzugreifen.

Außerdem ist die Zucht der alten Hühnerrassen oft nicht ganz so einfach, schließlich ist der Genpol begrenzt. Das trifft vor allem auf jene Rassen zu, die schon einmal kurz vor dem Aussterben standen und von denen nur noch wenige Exemplare übrig waren.

Es ist deshalb manchmal besser, die Zucht einem Profi zu überlassen, der mit den seltenen Genressourcen fachmännisch umzugehen weiß.

Unser Tipp: Viele Züchter geben Tiere mit Farbfehlern oder kleinen Schönheitsmängeln gerne für wenig Geld ab. Das Nachfragen im örtlichen Geflügelzuchtverein lohnt sich!

Alte Hühnerrassen für Anfänger

Viele der alten Hühnerrassen sind recht lebhaft und flugfreudig, weshalb sich viele Einsteiger auf ruhigere, freundlichere und vielleicht auch imposantere Tiere konzentrieren. Es gibt aber auch unter den alten Rassen etliche, die sich für Anfänger eignen. Viele davon stehen auf der Vorwarnliste oder sind bislang nur gefährdet.

Zu den anfängertauglichen alten Hühnerrassen gehören zum Beispiel:

  1. Barnevelder
  2. Mechelner
  3. Orpington
  4. Sundheimer
  5. Wyandotten