Kann ich Küken beim Schlüpfen helfen?
Einem Küken aus dem Ei zu helfen, bringt oft mehr Schaden als Nutzen. Deshalb sind viele Hühnerzüchter der festen Überzeugung, dass man der Natur nicht ins Handwerk pfuschen darf. Sie entsorgen die übriggebliebenen Eier einfach nach ein paar Tagen und für sie ist der Fall damit erledigt.
Es gibt aber auch Fälle, in denen dem Küken tatsächlich geholfen werden kann. Für diese Tiere ist das händische Knacken der Schale die letzte Rettung.
Eine schwierige Entscheidung
Es ist grausam, wenn es im Ei piepst und pickt und auf einmal ist es ganz still. Mindestens ebenso schlimm ist es, wenn das Küken bereits ein Loch in die Schale gepickt hat und nach einiger Zeit kein Lebenszeichen mehr von sich gibt. Da denkt man sich dann: „Ach hätte ich doch nur…“. Im Interesse des Kükens muss man sorgfältig abwägen.
Warum schaffen es manche Küken nicht aus der Schale?
Normalerweise schlüpfen die Küken nach rund 21 Tagen von selbst aus dem Ei. In den meisten Fällen ist das auch so. Es gibt aber immer wieder Einzeltiere, die das nicht schaffen.
Viele Geflügelzüchter haben Recht, wenn sie in einem solchen Fall von natürlicher Auslese sprechen, denn irgendetwas stimmt mit dem Küken nicht.
Hierfür gibt es folgende Gründe:
- Deformationen, Behinderungen und Missbildungen
- Wasseransammlungen im Gewebe
- Gleichgewichtsstörungen und Probleme mit der Koordination
- allgemeine Kraftlosigkeit
- Organschäden
- Festkleben an der Schale, unter anderem durch zu niedrige Luftfeuchtigkeit
- falsche Lage im Ei
Wann lohnt sich der Versuch?
Häufig kommt es vor, dass die Eihaut eintrocknet und an der Schale festklebt. Auch das Küken klebt dann im Ei und kann trotz Anstrengung nicht raus, obwohl es gesund ist.
Auch Küken, die falsch herum liegen, bereitet der Schlupf oft Schwierigkeiten. In diesem Fall ist das Ei auf der spitzen Seite angepickt oder die Luftblase befindet sich am spitzen Ende. Beinfehlstellungen verhindern ebenfalls oft einen reibungslosen Schlupf. Dann kann man den Küken beim Schlüpfen helfen.
Wie knackt man am besten das Ei?
Wenn es unbedingt sein muss, beginnt man immer an der stumpfen Seite beziehungsweise im Bereich der Luftblase. Mit einem sauberen spitzen Gegenstand, zum Beispiel mit einem Schraubenzieher oder einer Schere klopft man ganz vorsichtig ein kleines Loch, das man bei Bedarf Stück für Stück vergrößert.
Es ist wichtig, das Küken nicht sofort auszupacken, sondern es nur zu unterstützen und ihm immer wieder ausreichend Zeit zu lassen, es selbst zu versuchen. Durch die Anstrengung zieht sich der Dottersack zur rechten Zeit in die Bauchhöhle zurück.
Der untere Teil der Schale ist so lange wie möglich dranzulassen. In diesem Bereich befindet sich der Dottersack. Die meisten halb ausgepackten Küken stoßen irgendwann den unteren Teil der Schale von selbst ab.
Da die Eihaut oft eintrocknet, ist es wichtig, diese immer wieder mit lauwarmem Wasser zu befeuchten, Verklebungen zu lösen und somit die Geschmeidigkeit wieder herzustellen, damit das Küken selbständig aus der unteren Eihälfte schlüpfen kann.
Was man auf gar keinen Fall darf
Einem Küken beim Schlüpfen zu helfen, birgt ein hohes Risiko für das noch junge Leben. Vor allem das zu frühe Manipulieren an der Schale richtet großen Schaden an. Ist das Küken noch nicht schlupfreif, dann wird es noch von einem externen Blutkreislauf versorgt. Das vorzeitige Öffnen der Schale beschädigt die darunterliegenden Adern und es tritt Blut aus.
Auch ist der Dottersack oft noch nicht in die Leibeshöhle eingezogen. Ein derart früh aus dem Ei geholtes Küken verblutet und stirbt zumeist. In manchen Fällen wäre das Küken später von alleine gesund aus dem Ei geschlüpft.
Kurzum, wenn es eh nichts mehr zu verlieren gibt und man sowieso keinen größeren Schaden mehr anrichten könnte. Es gibt dann nur zwei Möglichkeiten: entweder das Küken stirbt in der Schale oder man startet einen Versuch dem Küken beim Schlüpfen zu helfen, der gelingen, aber auch fehlschlagen kann.
Was ist Tapen?
Mit dem Rauspulen ist es leider oft noch nicht getan. Manchmal ist das Küken gesund. Es läuft ganz normal und frisst. Häufig liegt das Kleine jedoch mit breit gegrätschten Beinen da und kann nicht laufen. Ein Fall fürs Tapen. Ohne diese Hilfe sterben die meisten dieser Küken nach spätestens einem, vielleicht auch zwei Tagen. Mit der richtigen Behandlung steigen jedoch die Chancen, dass sich das Küken normal entwickelt. Das ist zwar wieder mal in die Natur gepfuscht, aber wenn es das Huhn glücklich macht…
Tape ist englisch und heißt „Band“. Mit einem Klebeband beziehungsweise Tape lässt sich vieles richten, zum Beispiel verkrümmte Zehen. Viel häufiger sind jedoch Spreizbeine. Ob Hoffnung besteht, hängt von der Schwere der Fehlstellung ab. Seitlich abgegrätschte Beine lassen sich leichter behandeln als wenn die Beine nach hinten wegrutschen.
Beim Wort „Tapen“ schütteln dennoch viele Züchter mit dem Kopf. Für sie ist der Fall erledigt, denn getapede Hühnchen sind für die Zucht oft unbrauchbar. In der Tat vererbt sich die Neigung zu dieser frühkindlichen Störung unter Umständen weiter. Viele der Nachkommen brauchen dann auch wieder ein Tape.
Außerdem wird immer wieder beobachtet, dass jene Hühner, die als Küken getaped wurden, später überproportional häufig erkranken und allgemein anfälliger sind. Doch wie dem auch sei, das muss nicht zwangsläufig so sein, und wer es versuchen möchte, soll es tun.
Wenn nichts mehr zu machen ist
Manchmal ist das Küken stark behindert und lebensunfähig. Es liegt strampelnd auf dem Rücken, hat Wassereinlagerungen, ist deformiert, atmet schlecht oder kann sich nicht richtig bewegen. Dann ist es an der Zeit, es zu erlösen.
Das Tierschutzgesetz schreibt vor, dass das nur jemand machen darf, der sachkundig ist, sprich, jemand der weiß, wie es geht und sich auskennt. Außerdem ist das Huhn vorher zu betäuben. Bei einem Eintagsküken benötigt man hierfür keinen Knüppel. Da haut man sich eher auf die Finger. Ein kräftiges Schnippen auf den Hinterkopf reicht zumeist schon aus.
Im Anschluss daran nimmt man den Kopf, zieht mit einem kräftigen Ruck an und überstreckt die Wirbelsäule.